Deutsche Telekom Service GmbH
Mehr als zehn Jahre hatten der Gesamtbetriebsrat der Deutsche Telekom Service GmbH und ver.di mobiles Arbeiten für die Telekom Servicecenter gefordert, bis schließlich nach intensiven Verhandlungen die „Gesamtbetriebsvereinbarung zu Mobile Working im operativen Kundenservice“ beschlossen werden konnte.
Seit August können nun rund 16.000 Telekom-Kundenberater*innen regelmäßig im Homeoffice arbeiten. Denn Mobile Working steht allen auf freiwilliger Basis zur Verfügung und ist ausdrücklich kein Belohnungsinstrument für sogenannte Leistungsträger*innen – so steht es im zugrundeliegenden Tarifvertrag Telearbeit.
Der Unterzeichnung vorangegangen war eine zehnmonatige Pilotierung seit Herbst 2019: 150 Mitarbeiter*innen und zehn Führungskräfte aus verschiedenen Bereichen des Telekom Kundenservices testeten Mobile Working aus – und ihre Bilanz war durchweg positiv.
„Für uns war die Pilotierung ein richtiger Durchbruch“, erinnert sich Eric Daum, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats Deutsche Telekom Service GmbH. „Das Feedback der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hat uns – wie erwartet – gezeigt, dass alle Beteiligten von Mobile Working profitieren. Ihre Erfahrungen, ausführlichen Rückmeldungen und Ideen konnten gewinnbringend in die Verhandlungen einfließen.“
Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Kundenberater*innen gewinnen durch Mobile Working mehr zeitliche und räumliche Flexibilität, können ihr Berufs- und Privatleben besser vereinbaren und arbeiten dank des transparenten Modells sehr selbstbestimmt. Der Arbeitgeber wiederum profitiert von zufriedeneren Mitarbeiter* innen, weniger Krankenstand und der höheren Flexibilität der Belegschaft.
Doch die Herausforderung ist eine ganz andere: Wie lässt sich der Alltag im Servicecenter auf die mobile Arbeitswelt übertragen? „Natürlich waren wir einerseits gespannt, ob die Zusammenarbeit, die Kommunikation und der Austausch zwischen Führungskräften und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trotz räumlicher Distanz funktionieren würde, und andererseits, ob die technischen Voraussetzungen vorliegen“, sagt Eric Daum. „Viel wichtiger als die "technische" Zusammenarbeit ist uns jedoch die kulturelle Weiterentwicklung des Services – denn es gilt, die Bedürfnisse unserer Kolleginnen und Kollegen, des Unternehmens und gleichzeitig der Kunden unter einen Hut zu bringen.“
Das Unternehmenskredo, mit den besten Mitarbeiter*innen den besten Service für die Kunden zu liefern, führt mit Mobile Working unweigerlich zu einer neuen Arbeitsform. „Vor allem team- und führungsrelevante Themen bekommen einen ganz neuen Stellenwert“, weiß Eric Daum. Deswegen haben wir in der Gesamtbetriebsvereinbarung geregelt, wie wir verschiedene Situationen im Telekom-Kundenservice bestmöglich meistern und dabei gleichzeitig die Zusammenarbeit im Team fördern können.“ So werden beispielsweise die Kommunikation innerhalb eines Teams durch Chats, die Führung auf Entfernung, die Hilfestellung bei einer Tätigkeit (Live-Support auf Distanz) oder die Gestaltung von virtuellen Teammeetings ganz neu durchdacht.
Die Telekom setzt viel Vertrauen in ihre Mitarbeiter*innen und Führungskräfte, den Kulturwandel gemeinsam zu stemmen und die Zukunft des Services eigenverantwortlich voranzutreiben. Für Eric Daum ist klar, dass gute Führung jedoch nicht nur eine offene Feedback-Kultur braucht: „Wenn der Mensch im Mittelpunkt steht, bedarf es eines ganz neuen Führungsverständnisses.“
Das Rüstzeug für eine „Führung mit Herz“, wie Albert Henn, Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor, es nennt, erhalten die Führungskräfte in sogenannten „Führungsanker-Workshops“: Fast 800 haben bis dato bereits teilgenommen – weitere Führungswerkstätten für rund 520 Teilnehmer*innen sind bis Ende des Jahres geplant. (siehe unten)
Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende ist besonders stolz darauf, dass der gesamte Prozess von sogenannten Kulturteams begleitet wird. „Falls es mal vor Ort knirscht oder Missverständnisse aufzulösen sind, ist es eine Aufgabe dieser Teams, unterstützend zur Seite zu stehen“, erklärt Eric Daum.
Allen Mitarbeiter*innen werden ein Monitor, ein Notebook, eine Dockingstation sowie ein mobiles Telefon zur Verfügung gestellt, denn ohne eine angemessene IT-/TK-Ausstattung funktioniert Mobile Working nicht. „Unsere Kolleginnen und Kollegen können sogar selbst entscheiden, ob sie einen oder zwei Monitore gleichen Typs benötigen“, so Eric Daum. „Auch die besonderen Bedarfe schwerbehinderter Kolleginnen und Kollegen werden entsprechend berücksichtigt.“
Themen wie Datenschutz und Compliance werden dabei nicht außer Acht gelassen. „Denn nicht nur unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch die Kundendaten müssen gut geschützt werden“, sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende. So werden alle Beschäftigten geschult und auf die Einhaltung des Datenschutzes verpflichtet.
Mobile Working tangiert nicht nur die räumliche Flexibilität, sondern auch die zeitliche. Seit August können die Telekom-Kundenberater*innen ihre Schicht freiwillig unterbrechen und später wieder aufnehmen oder Zeitelemente auf- und abbauen – und haben damit einen größeren Gleitzeitrahmen.
„Für unsere rund 16.000 Servicecenter-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter bedeutet Mobile Working einen Start in eine ganz neue Arbeitswelt“, fasst Eric Daum zusammen, „mit weniger Staus auf Autobahnen, weniger Wartezeiten auf zugigen Bahnhöfen, einem sinnvollen Beitrag zum Umweltschutz und einer deutlichen Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.“
Der Artikel wurde geschrieben von Nadine Schmidt
(Kommunikationsexpertin des GBR der Deutschen Telekom Service GmbH)
Carina Barg, Leiterin Führungsanker & Top Ziele, im Dialog mit Albert Henn, Arbeitsdirektor und Geschäftsführer Personal DT Service GmbH und DT Außendienst GmbH zum Thema „Führung mit Herz“.
Carina Barg: In deinen vielen Jahren im Konzern hast du bei einigen Führungsinitiativen miterlebt, wie sie im Sande verlaufen sind. Du warst auch zu Beginn dieser Initiative eher skeptisch. Was macht dich bei den Führungsankern jetzt so zuversichtlich?
Albert Henn: Ich habe dich als Projektleiterin gefunden – zusammen mit dem perfekten Team. Was mich auch positiv stimmt, ist der Zustand, in den wir den Service bereits entwickelt haben: Wir haben unsere Service-Formel, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Ich erlebe, dass wir es ernst damit meinen, dafür gibt es viele spürbare Beispiele. Das schönste ist sicherlich Mobile Working, aber auch die stetig steigende Mitarbeiterzufriedenheit und die deutlich verbesserte Gesundheitsquote. Wir setzen die Führungsanker auf einer mitarbeiter- und kundenorientierten Kultur auf, die wir bereits gemeinsam gestaltet haben, und machen uns damit noch stärker für die künftigen Herausforderungen und die nächste Entwicklungsstufe im Service (Re-Invent), bei der auch die kulturelle Basis noch stärker ausgeprägt sein muss. Genauso, wie wir jeden Kunden zufriedenstellen, Fachlichkeit ausbauen und unsere (Regio-)Strukturen noch stärker verbessern wollen, müssen wir auch unsere Führungskultur intensiver und richtiger leben. Daher ist es wichtig, ein einheitliches Führungsverständnis im Service zu definieren und damit deutlich zu machen, dass Führen mit Herz und Empathie wichtig ist.
Carina Barg: Besonders ist, dass wir bei den Führungsankern zuerst einen Blick auf uns selbst werfen: Wie kann ich mich verändern, sodass sich mein Umfeld und mein Team entsprechend verändern können? Das Herzstück sind Ausstrahlung und Atmosphäre: Entscheidend ist, wie authentisch ich als Führungskraft bin. Sich tiefer damit zu beschäftigen, ist keine leichte Aufgabe – aber es lohnt sich. Eine klare Vision und Ziele helfen, Orientierung zu geben und einen Rahmen für Handlungsspielraum zu schaffen, indem über ein umfassendes Empowering Verantwortung abgegeben und angenommen werden kann. Durch regelmäßiges Weiterbilden wird die Fachlichkeit erhöht und durch wechselseitiges Feedback können wir gemeinsam immer besser werden. Mit Kreativität entstehen neue Ideen, die mit der richtigen Portion Mut einfach anders und richtig umgesetzt werden.
Albert Henn: Unsere Herangehensweise passt zum kulturellen Wandel.
Carina Barg: Genau. Es ist ein Projekt von Menschen für Menschen. Von Beginn an haben wir alle Beteiligten sehr intensiv eingebunden. Führungskräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Geschäftsleitung und Betriebsrätinnen und Betriebsräte gefragt, was sie für eine nachhaltige und sinnige Unterstützung brauchen. So sind die Anker weiter gewachsen.
Albert Henn: Und so geht es stetig voran. Auch nach den zweitägigen Führungswerkstätten für alle 1.900 Führungskräfte werden wir unsere Führungsanker weiter nachhaltig in die Organisation tragen. Kunden zu Fans zu machen – also sie im Herzen zu erreichen und zu begeistern – gelingt nur, wenn diese positive Emotionalität, die Freude an der Arbeit sowie im Unternehmen spürbar sind und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen, dass sie und ihre Bedürfnisse ernst genommen werden. Das erreichen wir über Führen mit Herz.